"Examensrelevante Probleme" wie wir Juristen sie aus dem ersten Examen kennen, gibt es aus meiner Sicht im zweiten Examen nicht. Inhaltlich konzentrieren sich die Webinare deshalb auf Basics, auf das Handwerkszeug, die typischen, von Prüfern eher als grundlegend empfundenen Defizite. Angefangen bei der Erarbeitung des Sachverhaltes, dem Herausarbeiten von Unstreitigem/Streitigem, die - sehr wichtig - saubere Abarbeitung der relevanten materiellen Norm (TBM für TBM), die exakte Bestimmung der Beweisfrage bis hin zu einer "vollständigen" Beweiswürdigung, die alle relevanten Aspekte beinhaltet. Für die einzelnen prozessualen Themen gilt dies letztlich entsprechend. Ich habe das Projekt zum Anlass genommen, ca. 20 aktive KlausurprüferInnen zu fragen, was aus ihrer Sicht primärer Gegenstand eines solchen Webinars sein sollte. Das eindeutige Ergebnis war: strukturelle Defizite aufarbeiten.  

 

Mir ging und geht es also vornehmlich darum, kurz vor den Klausuren noch einmal Verständnis für den Sinn und Zweck des rechtsantwaltlichen und richterlichen Handelns und Denkens zu vermitteln, die abzuarbeitenden (identischen) Strukturen noch einmal zu verdeutlichen, also kurz: um die ArbeitstechnikMein primäres Ziel ist es also nicht, Wissen schlicht zu wiederholen bzw. anhand von Fällen einzuüben, um "Detailfehler" zu korrigieren oder gar darum, noch weiteres Wissen zu vermitteln. Das Evaluationsergebnis der bisherigen Webinarblöcke hat mich in meiner Sichtweise bestärkt. 

 

Die Webinare sind mit dieser Prämisse also eher ein "Klausurcoaching für Fortgeschrittene" als ein Repetitorium. Sie richten sich also eher nicht an diejenigen von Ihnen, die die Arbeitstechnik schon weitestgehend sicher beherrschen und auch nicht an diejenigen, die die einzelnen prozessualen Themengebiete noch weiter vertiefen möchten. Das erforderliche konkrete prozessuale Detailwissen steht i.Ü. ohnehin im Th/P - und zulässig wird die Klage mit höchster Wahrscheinlichkeit ohnehin sein. 

 

Im Übrigen - und diese Haltung zur Materie Jura ist mir wichtig: Lernen Sie in erster Line für sich selbst, nicht primär für die Examensklausuren! Emanzipieren Sie sich von den Examensklausuren. Dies gilt auch und gerade für das erste Examen, wo nach wie vor - m.E. für die Paraxis weitgehend sinnentleert - auswendig gelerntes materielles Wissen und Kenntnisse singulärer Entscheidungen prägend ist. In der Praxis "googeln" viele mittlerweile eher die juristische Lösung eines zivilrechtlichen Falles, als dass man sie sich mit dem Grüneberg mühsam erarbeitet. Gerade das setzt aber selbstredend Überblick und Strukturwissen voraus. Dieses veränderte Arbeitsverhalten eines Juristen sollte sich m.E.  künftig  bei den Examensklausuren niederschlagen: Am PC mit freiem Internetzugang zu juris bzw. beckonline. Auch und gerade dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen.

 

Die Hürde, um zu einem Einstellungsgespräch geladen zu werden, sind jedenfalls z.Zt. günstig wie lange nicht mehr. Überzeugen Sie dort mit ihren Skills, wozu aus meiner Sicht eben u.a. Überblick, Strutur und Sinnverständnis gehören. Ein Arbeitgeber, der gerade bei Juristen diese Priorität nicht angemessen in eine Ballance bringt und sich (nach wie vor) primär von Examensnoten leiten lässt: Halten Sie das für richtig und wollen Sie solch einen Arbeitgeber (vorgelagert solch eine Uni mit dem Mantra, wir hier...)?